Europäischer Green Deal: Private Investitionen

Ohne Zweifel ist der Europäische Green Deal zum Flaggschiff der Von der Leyen-Kommission geworden. Um bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu werden, müssen die Mitgliedstaaten eine umfassende wirtschaftliche und gesellschaftliche Transformation auf den Weg bringen. Klar ist dabei, dass eine schnelle Umstellung auf nachhaltige Technologien und der Ausbau nachhaltiger Infrastrukturen gewaltige Investitionssummen und Gesetzesänderungen verlangt.

Teil 1: Private Investitionen

Die Europäische Kommission plant nun private Kapitalströme verstärkt auf nachhaltige Investitionen umzulenken. Dazu legte sie im März 2018 ihren Aktionsplan für nachhaltige Finanzierung vor. Im ersten Schritt sieht dieser Aktionsplan vor, europaweite Standards für nachhaltige Finanzprodukte zu schaffen. Öffentliche Dienstleister sollten beachten, dass Banken, Versicherungen und Pensionsfonds künftig verstärkt die Wirtschaftstätigkeiten finanzieren werden, die die europäischen Standards der Taxonomie-Verordnung erfüllen. Außerdem sollte mit neuen Corporate Sustainability-Berichtspflichten gerechnet werden.

Taxonomie-Verordnung

Welche Wirtschaftstätigkeiten künftig als ökologisch nachhaltig gelten, wird in der Taxonomie-Verordnung festgelegt, die vergangen Juni vom Europäischen Parlament angenommen wurde. Die Verordnung nennt insgesamt sechs Umweltziele, die bei der Bewertung berücksichtigt werden sollen: 1) Klimaschutz; 2) Anpassung an den Klimawandel; 3) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen; 4) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft; 5) Vermeidung und Verminderung von Umweltverschmutzung; und 6) Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen. Eine Tätigkeit gilt dann als nachhaltig, wenn sie einen „wesentlichen Beitrag“ zu einem oder mehreren Umweltzielen leistet; keines der Umweltziele „erheblich beeinträchtigt“; internationale soziale und arbeitsrechtliche Mindeststandards erfüllt und die zusätzlichen technischen Kriterien erfüllt, die von der Kommission derzeit in separaten Rechtsakten zu jedem Umweltziel festgelegt werden.

Technische Kriterien

Die technischen Kriterien werden von der Kommission in Form von delegierten Rechtsakten ergänzt und legen für jedes Umweltziel fest, wann ein „wesentlicher Beitrag“ und wann eine „erhebliche Beeinträchtigung“ des Ziels vorliegt. Der erste delegierte Rechtsakt zu den Umweltzielen „Klimaschutz“ und „Anpassung an den Klimawandel“ wurde im April dieses Jahres von der Kommission veröffentlicht. Der zweite delegierte Rechtsakt zu den verbleibenden vier Umweltzielen wird derzeit erarbeitet und soll noch bis Ende des Jahres veröffentlicht werden. Die Sustainable Finance Plattform, eine Expertengruppe mit Mitgliedern aus dem Finanz- und Unternehmenssektor, NGOs, Wissenschaft, Think Tanks sowie öffentlichen und internationalen Institutionen, berät die Europäische Kommission bei der Entwicklung der technischen Kriterien. Mit Vizepräsident Filippo Brandolini als Mitglied, hat SGI Europe einen permanenten Sitz in der Plattform.

CSR-Berichtspflichten

Um zu überprüfen, ob eine Wirtschaftstätigkeit Taxonomie-konform ist, werden Unternehmen zusätzliche Berichtspflichten erfüllen müssen. Artikel 8 der Taxonomie-Verordnung und der dazugehörige delegierte Rechtsakt geben vor, welche Informationen berichtspflichtige Unternehmen künftig offenlegen müssen, um nachzuweisen, inwiefern Umsatzerlöse und Investitionsausgaben zu den Nachhaltigkeitszielen der Taxonomie-Verordnung beitragen. Welche Unternehmen berichtspflichtig sind, legt die Kommission in ihrem neuen Vorschlag für eine Corporate Sustainability Reporting Richtlinie fest. Die Corporate Sustainability Reporting Richtlinie überarbeitet die geltende Non-Financial Reporting Richtlinie und könnte deren Anwendungsbereich stark ausweiten.

Bedeutung für den bvöd

Über SGI Europe verfolgt der bvöd die aktuellen Entwicklungen. Die Taxonomie-Verordnung ist für öffentliche Dienstleister von besonderer Bedeutung, da sie Finanzmarktteilnehmern und öffentlichen Unternehmen neue Standards im Bereich der Nachhaltigkeit setzt. Auch wenn die Taxonomie zunächst freiwillige Anreize zur nachhaltigen Finanzierung schafft, ist Ihre Bedeutung für die Kommunalwirtschaft groß. Durch die Verordnung wird erstmals europaweit festgelegt, welche Technologien als nachhaltig bewertet werden können. Erste Konflikte bei der Klassifizierung von Erdgas, Atomenergie und Forstwirtschaft zeigen auf, dass die Taxonomie hier mit nationalen Nachhaltigkeitsstrategien kollidieren könnte. Außerdem ist davon auszugehen, dass sich die Gesetzgebung in Bereichen wie dem Beihilfe- und Vergaberecht zunehmend an der Taxonomie orientieren wird.

Für den bvöd ist wichtig, dass nachhaltige Investitionen mit den europäischen Klimazielen im Einklang stehen. Die Taxonomie darf jedoch die Finanzierung von derzeit notwendigen Übergangstechnologien nicht gefährden. Außerdem setzten wir uns dafür ein, dass der bürokratische Mehraufwand auch für kleine und mittelgroße Unternehmen zu bewältigen bleibt und dass die technischen Kriterien und die Umsetzungsfristen die Sachlage in den Unternehmen berücksichtigen. Über SGI Europe bringen wir die Anliegen der bvöd-Mitglieder in die laufenden Konsultationen mit ein.